Der Initialzünder das Wearable (Sportarmband)
Ich befand mich noch immer in der „Findungsphase“, wie ich mit der Krankheit und den dazu
gehörigen Veränderungen am Besten umgehen soll. Die Idee des „Unterdrückens“, das
„Ignorieren“ oder „das-Nicht-Beachten“ der Symptome der Krankheit funktioniert nicht und
handelte mir nur noch mehr Probleme ein. „Mit dem Kopf durch die Wand“ war also kein
gangbarer Weg. Der letzte große Schub ist wieder voll auf meine linke Seite gegangen,
insbesondere mein Bein war betroffen. Das normale Gehen war nur mit größerer Anstrengung
möglich und die Wahrscheinlichkeit, dass es mich auf die Seite legt, war sehr hoch zu der
damaligen Zeit.
500 m waren schon eine sehr, sehr weite Strecke für mich und habe diese nur mit entsprechenden
Pausen bewältigen können. Die letzte Kortison-Stoßtherapie war nicht lange her. Meine
Grundstimmung war so ziemlich am Boden und ich habe mich ein wenig gehen lassen. Es musste
halt irgendwie weiter gehen!! Ja, ich habe zu dieser Zeit riesige Angst gehabt, dass ich mich von
meiner Mobilität verabschieden muss. Dieses Gefühl bereitete mir große Sorgen, war aber auch
mein bester Motivator. Ich kann es nicht besser beschreiben, aber eine innere Kraft hat eine Hand
gereicht und ich konnte innerlich Aufstehen und Weitermachen machen.
Ich habe mir unterbewusst zum Ziel gesetzt, dass ich ALLES daran geben werde, mir meine
Beweglichkeit und das Gehvermögen zu erhalten. Instinktiv wusste ich, dass Stress und Druck, egal
ob von außen oder innen meine Gegenspieler sind. Ich musste einen Weg finden meinen
Stresslevel und den Druck von außen regulieren zu können. Je weniger in noch kürzerer Zeit von
mir verlangt wurde, um so besser ist es mir ergangen. Leider gab es einen nicht zu unterschätzende
Nebenwirkung: Ich habe meine persönliche Messlatte, sobald ich Fortschritt bemerkt habe, gleich
ein Stück höher gesetzt. Dies fand mein Körper gar nicht so gut und reagierte sehr trotzig. Die
Fortschritte verpufften und gefühlt fing ich wieder bei „0“ an. Meine Schwierigkeiten beim Gehen
bildeten sich nicht so schnell zurück, wie ich es gehofft hatte. Leider war dieser Missstand auch von
außen ablesbar, da ich mein linkes Bein bzw. den linken Fuß immer ein wenig nachgezogen habe.
Dies war mir mehr wie peinlich!!
Nun stellte sich mir die große Frage: „Wie bekomme ich eine Balance hin, wo ich mich selber
nicht zu sehr stresse?!?“
Irgendwann habe ich mein Mann (damals noch Freund) gegenüber wohl geäußert, dass ich mir
vorstellen kann, dass man den Puls doch als ersten Indikator sehen kann. Sprich, ich benötige eine
Möglichkeit meinen Puls dauerhaft im Auge zu behalten. Mein Mann hat diese Idee, diesen Ansatz
aufgeschnappt und hat mir bei nächster Gelegenheit ein Sportarmband geschenkt.
Mein ersten Wearable und vielleicht auch die Geburtsstunde von der Beachtung der Reaktionen,
die mir mein Körper sendet. Es war ein Armband von Sony. Die einfachsten Funktionen von der
dauerhaften Pulsmessung, Kalorienverbrauch und Schrittzähler waren vorhanden. Nun war ich
gerüstet und probierte die Mitteilungen (in Form von Schwankungen des Puls) meines Körpers zu
verstehen. Mit der Zeit habe ich herausgefunden, welche Aktivitäten meinen Puls haben steigen
lassen. Neben Aufregung und Druck im Arbeitsleben sind auch sportliche Aktivitäten in die nähere
Betrachtung gefallen. Ich entwickelte ein erstes, neues Gespür für meinen Körper! Ich habe somit
nicht nur den Nutzen für mein berufliches Umfeld gesehen, sondern wollte auch wieder mehr
Sport treiben.
Das erste, kostengünstigste und leichteste, was mir dazu eingefallen war, ist das Joggen. Ein paar
gute Laufschuhe verstaubten seiner der Zeit im Schrank. Dies lag auch daran, dass mich der letzte
Schub wieder vollkommenen aus der Bahn geworfen hatte. Nichts desto trotz schnappte ich mir
meinen Mann und suchte nach einer passenden Laufstrecke. Naja, vorerst blieb es bei den ersten
Versuchen, da ich meinem Nervensystem wieder bei bringen musste, wie die Steuerung der
Extremitäten von statten ging. Mein Puls lag weit weg von gut und böse und ich saß schnaufend
auf jeder Bank oder Stein. Der Schweiß lief mir runter und ich wusste nicht wovon. Spaß hat dies
nicht gemacht!! Die Aufzeichnungen von meinem Sportarmband haben dies auch gut
dokumentiert und ich war um eine Erkenntnis schlauer. Es ist nicht nur der Stress, Druck und Sport
sondern auch die kognitive Fähigkeit der Steuerung der Gliedmaßen, welche mir die Energie
geraubt hatte. Ich brauchte eine Alternative.
Ich habe das Laufen dann erstmals wieder an den Nagel gehangen, die Schuh wieder in den
Schrank geräumt und mir eine längere Erholungspause gegönnt. Unbewusst habe ich es dennoch
erreicht, dass ich jeden Tag ein paar Schritt mehr in mein Leben bringen konnte ohne außer Atem
zu geraten. Es ist die Frage, ob man Spazieren und Gehen als Sport bezeichnet. Für mich war es
wieder ein Stück Freiheit, welches ich aus eigenen Kräften erreichen konnte!
So banal es klingt, aber die Erweiterung meiner Wegstecke, welche ich ohne Pause passieren
konnte, erfüllte mich mit Freude! Auch mein Puls war nicht mehr so sprunghaft sondern entwickelt
eine Gleichmäßigkeit.
Resümee:
Die Innere Stimme hat mir schon recht früh Hinweise gegeben, dass ich auf dem „Holzweg“ bin
und die gewählte Option nicht die richtige ist. Es benötigt Zeit und viel Fingerspitzengefühl um
diese wieder zu erkennen und wahrzunehmen.
Es sind manchmal die einfachen Dinge, die einem Helfen, den Berg zu erklimmen!!